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Welthölzer aus dem Bayerischen Wald - das Deutsche Zündholzmuseum in Grafenwiesen

Eine zündende Idee: bis 1985 wurden in Grafenwiesen Streichhölzer produziert - heute hat die kleine blaue Schachtel einen Ehrenplatz im Museum. Foto: Hermann Holzer

Mit Feuer spielt man nicht... das weiß doch jedes Kind! Spätestens wenn man sich die Finger verbrennt. Aber was fasziniert die Menschen mehr als Feuer? Seine Wärme, sein roter Schein, das Knistern und Knacken, aber auch seine Urkraft. Zum Glück müssen wir nicht mehr wie unsere Vorfahren mühsam und stundenlang Feuer selbst machen, wenn wir mit Freunden grillen oder romantisch mit unserem Liebsten oder unserer Liebsten vor dem Kamin sitzen wollen, sondern wir können mit einem "Ratsch", eine Flamme herzaubern.
Wie es richtig zündet, erfahrt ihr heute #AufdemHolzweg: denn im Zündholzmuseum wird's ganz schön brenzlig...
Wer noch mehr "heiße" Museumstipps entdecken will, findet hier eine hilfreiche Auflistung!

Ein feuriger Gastbeitrag von Maria-Luise Segl, Kulturreferat Cham

Kennt ihr noch die blaue Schachtel im Format 5 x 3,5 x 1,5 Zentimeter mit der Aufschrift „Welthölzer“? In ihr verbarg sich 40-facher Zündstoff auf kleinen Hölzchen mit roten Köpfchen. Zwischen 1930 und 1983 war dies jedenfalls die Streichholzschachtel in Deutschland schlechthin. Zu dieser Zeit war das Zündwarenmonopolgesetz in Kraft. Zündwaren durften nur durch die Deutsche Zündwaren-Monopolgesellschaft vertrieben werden. Sie vergab auch Produktions- und Abnahmekontingente zu festen Preisen an die einzelnen Zündholzfabriken in Deutschland. Die Hersteller konnten mit festen Abgabemengen kalkulieren. Eine dieser Fabriken stand in Grafenwiesen im Bayerischen Wald: die Zündholzfabrik Allemann. Sie hatte sich aus kleingewerblichen Anfängen entwickelt und gab als eine der letzten deutschen Zündholzfabriken 1986 die Produktion der kleinen nützlichen Alltagshelfer auf.

Das Zündholz gilt als technologische Errungenschaft des 19. Jahrhunderts, die schnell im Alltag Verbreitung fand. Mittelgebirgsregionen wie der Bayerische Wald entwickelten sich zu Herstellungszentren. Im Gebiet des heutigen Landkreises Cham sind schon ab 1850 Zündholzproduzenten nachgewiesen: in Arnschwang (1851), Pemfling (1851) oder Darstein (1853), in Blaibach (1872), Furth im Wald (1876/1877), Kötzting (1866) oder Lam (bis 1903). Der Lamer Zündholzfabrikant Johann Wahl war einer der Initiatoren zum Bau der Lokalbahnlinie Kötzting-Lam. Der Anschluss des Lamer Winkels an die Eisenbahn 1892/1893 ermöglichte einen schnelleren Abtransport von Waren aus dem entlegenen holzreichen Gebiet in die städtischen Zentren.

Der Funke ist übergesprungen

"Alle Mann ans Werk", so das Motto in den 50er Jahren - daher auch der spätere Firmenname "Allemann". Foto: Deutsches Zündholzmuseum Grafenwiesen

Johann Ellmann in Grafenwiesen war ein regionaler Kleinproduzent. Er betrieb ab 1878 neben seinem Sägewerk am Weißen Regen eine Zündholztunke und lieferte an die Zündholzfabrik in Lam Halbfertigprodukte. Wie andere kleingewerbliche oder hausindustrielle Hersteller konnte er aber die Umstellung auf eine rationellere industrielle Fertigung finanziell und technologisch nicht schultern. Der Landshuter Unternehmer Johann Hubloher erwarb 1908 die Zündholztunke am Weißen Regen und baute sie zur Fabrik aus. Um 1925 beschäftigte er schon etwa 90 Arbeitskräfte. Hubloher produzierte modernere „Sicherheitszündhölzer“, die sich nicht mehr wie die „Überallzünder“ an jeder Reibfläche entzünden ließen, sondern nur noch an speziellen Anstrichflächen auf der Zündholzschachtel.

Als in Folge der Weltwirtschaftskrise und hoher steuerlicher Belastungen Hubloher die Grafenwiesener Zündholzfabrik aufgeben musste, erwarb der österreichische Unternehmer Robert Czerweny von Arland die Anlage am Weißen Regen. Er entstammte einer erfolgreichen Familie von Maschinenbauingenieuren und baute die Zündholzfabrik am Weißen Regen in der Zeit des Nationalsozialismus zum „Musterbetrieb in der Ostmark“ auf. Gemäß dem Motto des Fabrikanten „Alle Mann ans Werk!“ hieß die Firma fortan „Allemann“. Die Hauptprodukte der Allemann AG waren „Welthölzer“ mit 40 Hölzchen je Zündholzschachtel und „Haushaltsware“ mit 50 Hölzchen je Schachtel.

Feuer und Flamme

Waggonweise verließen Zündhölzer die Bahnhaltestelle am Betriebsgelände. Ab 1949 kamen dazu auch Spankörbe als Verpackungen für die Lebensmittelindustrie, für Frischfisch, Obst oder Käse. In den Nordseehäfen Bremerhaven und Cuxhaven besaß das Unternehmen aus dem Bayerischen Wald eigene Auslieferungslager. In den 1950er und 60er Jahren war die Allemann AG der größte Arbeitgeber im damaligen Landkreis Kötzting. Das Unternehmen wurde zu dieser Zeit von einer Frau, Elfriede Engelhart, geführt. Der Industriebetrieb beschäftigte in den 1950er Jahren etwa 300 Personen. Zwei Drittel der Belegschaft waren Frauen. 1986 musste die Allemann AG die Zündholzproduktion einstellen. Ein Jahr später kam auch die Spankorberzeugung zum Erliegen.

Seit 2007 beleuchtet das Zündholzmuseum Grafenwiesen die Geschichte der regionalen Zündwarenindustrie im bayerisch-böhmischen Grenzgebiet.

Deutsches Zündholzmuseum Grafenwiesen e.V. (externer Link, öffnet neues Fenster)

Rathausplatz 6
93479 Grafenwiesen

Tel: 09941 / 94 0317

Abb. ganz oben: Die große blaue Schachtel weist den Weg zum Deutschen Zündholzmuseum in Grafenwiesen. Foto: Hermann Holzer